Die Frage

03 April 2009

Ich habe in den letzten Monaten einige Male die Frage beantworten müssen, warum ich nichts mehr mache. Nun ja, "nichts" stimmt nicht ganz: Ich mußte nur aufgrund äußerer Zwänge meine musikalischen Aktivitäten vorläufig weitestgehend einstellen bzw. unterbrechen. Aber für alle, die es interessiert: Ich komponiere noch (oder wieder, wie man's nimmt), mit einem durchschnittlichen Output von etwa zwei Takten die Woche zwar (man kann ja froh sein, wenn man mal eine halbe Stunde zum Komponieren kommt…), aber immerhin.

Die Musik zum neuen Musical "Roths Schwarzgold" (siehe Neuigkeiten) ist in weiten Teilen fertig, aber bis zur Premiere werde ich weiter an den Liedern und Arrangements feilen. Darüberhinaus habe ich die Arbeit an einem neuen Liederzyklus nach Gedichten von Rainer Maria Rilke begonnen.

In Planung befindet sich ebenfalls eine größere instrumentale Komposition, die zusammen mit einem "Schwesterwerk" meines geschätzten Freundes und Kollegen Herpes Gugushi uraufgeführt werden soll. Über ein geeignetes Format zur Präsentation dieser Kompositionen denken wir zur Zeit nach.

Jahresrück- und -ausblick

07 Januar 2009

So, man kommt ja zu nichts, aber hier mit etwas Verspätung nun der versprochene Jahresrück- und -ausblick. Wo anfangen?

Dies war ein Problem, das meinen Kollegen und mir auch bei unseren diversen Konzertreihen zu Schaffen machte: Im ersten Halbjahr 2008 sackten bei den meisten Terminen die Zuschauerzahlen gegenüber dem Vorjahr drastisch ab. Überangebot? Falsche Planung? Keine Ahnung. Natürlich ist man auch auf der Bühne nicht immer gleich gut aufgelegt und hat auch einmal einen schlechten Tag, dafür sind wir ja alle Menschen, aber es kann eigentlich nicht unbedingt an der Qualität unserer Darbietungen gelegen haben: Wir hatten tolle, teilweise deutlich weiterentwickelte Wiederholungen von bereits im letzten Jahr gestarteten Konzertprogrammen, spannende und kreative Begegnungen in fast session-artiger Form und großartige neue Konzepte vom intimen Balladenabend (mit Dirk Sindram im Consol Theater) bis hin zum fetzigen Rockkonzert (mit Anja Günther und Ramona Kunze ebendort). Die Konsequenz aus dem schwachen Besucherzuspruch jedenfalls ist, daß sowohl die Reihe "musik erleben" als auch die "Grenzgänge" eingestellt wurden. Mit der Leitung des Consol Theaters bin ich mir einig, die "Songs in Concert"-Serie auch 2009 fortzusetzen - wann und in welcher Form, muß aber noch genau besprochen werden. Unklar ist auch die Zukunft des "Emscherbruch"-Ensembles: Nachdem wir mit der Abschiedsgala im August die Saga um den verrücktesten Fußballverein der Theatergeschichte, den "TSV Emscherbruch 06", endgültig ad acta gelegt hatten, wollten wir eigentlich 2009 mit einer komplett neuen Großproduktion herauskommen. Eigentlich…

Damit sind wir auch schon beim Ausblick: Die Fortführung der Konzerte ist noch ungewiß, die neue Musicalproduktion des TSV-Teams steht in den Sternen. Grund dafür ist, daß wir trotz intensiver Bemühungen das (vergleichsweise bescheidene) Produktionsbudget bisher nicht bzw. nur teilweise aufbringen konnten. Noch hoffen wir… Ich würde mich an dieser Stelle gerne darüber auslassen, wie die Politik mancher potenzieller Sponsoren aussieht, aber das macht man ja nicht, anderen Leuten ans Bein zu pinkeln. Pfui. Aus dem gleichen Grund widerstehe ich auch der Versuchung, einige der Stories zum Thema "Unprofessionalität" zum Besten zu geben, die ich im vergangenen Jahr von einigen Kollegen oder Geschäftspartnern erlebt habe… aber lassen wir das.

Solche Erlebnisse tragen jedenfalls zur sowieso schon vorhandenen Frustration bei. Frustration darüber, daß man sich zwar den Arsch aufreißen kann, um in einer Stadt wie Gelsenkirchen Kultur zu machen, aber einfach nicht weiterkommt, wenn bestimmten Leuten die Nase nicht paßt. Frustration darüber, daß man zwar gerne etwas produzieren darf, wenn es nichts kostet, aber gleich komisch angeguckt wird, wenn man dabei auch noch etwas verdienen möchte. Wovon sollen freischaffende Künstler denn verdammt nochmal leben, wenn nicht von ihrer Kunst? Aber das gewissen überbezahlten Ahnungslosen klarzumachen, kann man sich gleich abschminken. Frustration jedenfalls auch darüber, daß fast alle finanziellen Ressourcen nur noch in die Kulturhauptstadt-Projekte gepumpt werden. Nichts gegen 2010, es ist toll und ein grandioses Kulturereignis für Essen und das gesamte Ruhrgebiet, aber ich (und mit mir viele Kollegen!) sehe die Gefahr, daß man im übereifrigen Kulturhauptstadtswahn vieles plattmacht oder klammheimlich sterben läßt, was über Jahre Bestand hatte, die Kulturszene der Ruhrgebietsstädte ausmachte und so ja auch zumindest mit dazu beitrug, 2010 zu ermöglichen!Aus all diesen Gründen, zusätzlich zum immer größer werdenden Druck, mit anderen Tätigkeiten das Grundeinkommen zu sichern, habe ich mich entschieden, bei "Plan B!" auszusteigen, wie ich schon zu Jahresanfang auf dieser Seite bekannt gab. Es tut mir in der Seele weh, und ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht, aber es geht nicht mehr. Die allzu knappe Zeit, die mir neben dem Geldverdienen noch für meine kreativen Projekte bleibt, möchte ich - eben - mit kreativer Arbeit, mit Schreiben, Musizieren und vor allem Komponieren verbringen, nicht mit Papierkram. Deutschland einig Bürokratenland… Falls jemand ein schönes Land zum Auswandern weiß, ich nehme gerne Anregungen entgegen! 2009 werde ich also künstlerisch kürzer treten. Weniger Konzerte (das heißt nicht, gar keine, ein paar Dinge sind schon in Planung), diesmal kein größeres Projekt - vielleicht ein Luftholen nach drei sehr aktiven, aufregenden, anstrengenden Jahren. Vielleicht auch eine Kehrtwende: Wenn es mit der Solokarriere partout nicht klappen will, hätte ich noch nicht mal ein Problem damit, als Autor, Komponist, Produzent oder was auch immer im Hintergrund zu wirken. Bühne ist toll, ich liebe es, dem Publikum meine Lieder vorzusingen. Eine zweite CD ist komplett fertig konzipiert, müßte nur noch aufgenommen und gepreßt werden - wenn Zeitaufwand und Kosten nicht wären… Wir werden sehen. Vielleicht beschränke ich mich auf das Komponieren, das ist das Einzige, was ich niemals aufgeben könnte und was mir schmerzlich fehlt (ich darf gar nicht daran denken, wie wenig in den letzten Monaten wirklich dazu kam). Vor wenigen Tagen habe ich mit Michael Walter über ein neues Musical als Nachfolger von "Wo Liebe ist" gesprochen. Auch wenn wir nicht mehr gemeinsam ein Label leiten, ist er mir immer noch Freund, Bruder und der beste und kreativste Texter, mit dem ich bisher zusammengearbeitet habe. Uns wird bestimmt was einfallen!

Um es zusammenfassend nochmal zu sagen: Ich habe keine wirkliche Ahnung, was das Jahr 2009 mir künstlerisch bringen wird. Ich kann nur abwarten, mein Bestes versuchen, mir irgendwie Freiräume zum Kreativsein zu schaffen und hoffen, daß alle, die das hier lesen und mich in den letzten Jahren treu begleitet haben (wer sich nicht wirklich für meine Arbeit interessiert, hätte den ganzen Sermon garantiert nicht bis hierhin durchgelesen!), auch weiterhin meinen Projekten und Aktivitäten mit Aufgeschlossenheit und Interesse begegnen. In diesem Sinne: Happy New Year 2009!

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